Kleine Zeitung vom 02.04.2006
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Gulasch, Götter und Geheimnisse
Den Strettweger Kultwagen, in Bronze gegossenes Werden und Vergehen,
will Herbert Kirnbauer entschlüsselt haben. Eine Tafelrunde.

Text: BETTINA OBERRAINER


Dir. Herbert Kirnbauer
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Wie es gewesen sein könnte: Das Hirschgulasch, es brodelt noch sanft. Langsam macht es die Runde, jeder probiert. Dann wird der kleine Kessel mit Blut gefüllt, dem Sitz des Lebens. Leben, das ohne sie nicht möglich wäre: Die alle überragende „Mutter“ in der Mitte des Gefährts, die die Schale einem Kraftakt gleich hochstemmt. Eine Göttin? Welchen Namens? Egal – ob sie Isis, Hera oder Maria heißt: Geht es dem Menschen schlecht, betet er zur Mutter. Der Kessel symbolisiert ihren Schoß, die Wiedergeburt. Sagt Herbert Kirnbauer. „Denn der Kelte stirbt nicht. Die Opferriten gab es, um im Frühjahr wiedergeboren zu werden. Was heute nichts anderes ist als unser Osterfest.“

Kelten, Opfer, Götter. Und das Gefährt. Der Kultwagen. Dieser „in Bronze gegossenen Mysterienkult“, der in Strettweg gefunden wurde. Ein bisschen sitzen wir um ihn herum wie vielleicht einst die Gulaschrunde – Gert Albrecht, Erbauer der Replik, die Redakteurin, und Herbert Kirnbauer. Er will das Geheimnis des Wagens entschlüsselt haben.

Archäologie, Astrologie, Mythologie, Theologie und Volkskunde sind die Themen, die den pensionierten Hauptschul-Direktor aus Mariahof beschäftigen. „Sie haben mich befähigt, hinter dieses keltische Weltkulturerbe zu schauen.“ Denn genau diese übergreifende, bisher nicht erfolgte Auseinandersetzung sei schuld, dass keine gesicherten Erkenntnisse existierten. Darüber, „was uns unsere Ahnen vor 2700 Jahren hinterlassen haben“.

„Judenburg hat etwas, was die ganze Welt nicht hat – und man hat es nicht entschlüsselt!“, schüttelt der Historien-Fan den Kopf. „Das entschlüsselte Geheimnis“ nennt sich demnach das Buch, in dem Kirnbauer Zeugnis ablegt und das demnächst präsentiert wird. „Es lässt sich alles beweisen, die Fachgebiete wurden von Wissenschaftern durchleuchtet.“ Die neuen Erkenntnisse betreffen vor allem Aufbau und Funktion des Kessels, Bodenplatte und allgemein die Symbolik des Wagens.

Zweifel

Bisherige Interpretationen ließen ja selbst die Fachwelt zweifeln. Der Kessel als Behälter für Obst oder Wollknäuel etwa – wo doch das Hirschgulasch darin brodelte. Herbert Kirnbauer vertiefte sich etwa in die von der Sonne bestimmten Festtage, die auch die römisch-katholische Kirche übernommen hat und die heute noch gefeiert werden. Er erkannte die Bodenplatte als Bauplan für den Druidentempel, der in Strettweg stand. Akzeptiert wie die Kelten den kosmischen Kreislauf als ständiges Werden und Vergehen. Und die alle überragende Mutter, ohne die es kein Leben gäbe.