Kleine Zeitung vom 19.11.2006
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Bohren, biegen und das Gefühl, was zu tun
„domencio“ ist nicht allein Garten, sondern auch Werkstatt. Ein Standbein, den Winter zu überdauern. Vom „Draufhauen“ in St. Lambrecht.
BETTINA OBERRAINER


Innovation: Der Schlosser Albert Brandl aus Mariahof arbeitet an Metallpressen für Dünger

BETTINA OBERRAINER

Hau drauf!“ Und Robin Reinmüller haut, während Jürgen Galler den Metallkeil hält, damit sich der Baumstumpf spaltet. Schindeln sollen daraus entstehen, wie sie wenige Meter weiter bereits stapeln: „Für einen neuen Geräteschuppen im Garten“, sagt Chris Wessels mit einem Auge auf seine Schützlinge. Er lehnt nahe des Ofens, der die Werkstatt ein wenig wärmt. „Beim Draufhauen hat man richtig das Gefühl, dass man was tut.“

Der Garten. Die Werkstatt. Etwas tun. Auch jetzt, wenn die Ernte eingefahren ist, es in der Hofmühle nach der Würze des Advents duftet und sich über den Anlagen rings um den Pavillon im Stiftsgarten St. Lambrecht schon winterliche Ruhe breitet. „domenico“, das soziale Arbeitsprojekt, ist aber nicht allein Gemüse- und Kräuteranbau, sondern auch Handwerk.

Chris Wessels, der gebürtige Holländer, gelernte Schlosser und Schmiedemeister, diplomierte Behindertenpädagoge mit landwirtschaftlicher Ausbildung, leitet diesen Bereich: „Für uns fast lebenswichtig, ein Standbein, um den Winter zu überdauern.“

Und so schweißen, bohren und biegen sie in dieser „gemütlichen“ Werkstatt, die das Stift zur Verfügung stellt. Bearbeiten Holz wie Metall, übernehmen Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten, tüfteln gar an Prototypen und Innovativem für Gärten und Terrassen.

Ohne Computer

Der Schlosser Albert Brandl aus Mariahof, nicht mehr blutjung und ohne Computerkenntnisse kein Liebling am Hightech-Arbeitsmarkt, fertigt etwa Pressen für Dünger. So soll der in rauen Mengen anfallende und mit Mikroorganismen behandelte Grasschnitt Verwendung finden, wie Wessels später im Garten erklärt. Wo er auch das Gitter eines mit Steinen gefüllten Metallkorbes anhebt: „Das sind Elemente, die auch Häuslbauer verwenden können und die sich individuell zusammenstellen lassen“, erklärt der in die künstlerische Sparte gedriftete Handwerker, der hofft, dass die nun bei „domenico“ entstehenden Blumenschalen Anklang finden. Überhaupt würde sich das Arbeitsprojekt auch über kleinere Aufträge von Firmen und Betrieben freuen.

Den vom Markt benachteiligten Menschen vermittelt Chris Wessels „Sicherheitsmaßnahmen“: „Die Mitarbeiter sollen ein Gefühl dafür bekommen, sich selbst zu schützen, ohne dass der Chef etwas sagt.“ Besonderen Stellenwert genießt in St. Lambrecht aber die etwas andere Sicht auf Arbeit. Ein die Stärken förderndes Tun, das ohne den hetzenden Leistungsdruck von der Welt da draußen auskommt.

Von der man übrigens kurz auch am 23. November Abstand nehmen kann: Da lädt „domenico“ zu einem „Informations- und Verkostungstag“ mit Schwerpunkt Topinambur in die Alte Hofmühle. Bis dahin haben Robin und Jürgen sicher schon wieder eine Ladung Schindeln fertig.