Kleine Zeitung vom 13.03.2008
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Die Hoffnung ist fast gestorben
Weiter als vermisst gelten zwei Arbeiter nach Explosion in Dynamitwerk. Suchhunde fanden gestern allerdings organische Spuren. Ursache für Unglück noch unklar.

BERND THURNER


Vom Mischhaus blieb nicht viel stehen  
BEHOUNEK-ECKE (2), SCHERIAU
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Auch gestern Abend gab es noch keine offizielle Bestätigung dafür, dass jene zwei Arbeiter, die seit der verheerenden Explosion im Sprengstoffwerk St. Lambrecht von Dienstagnachmittag vermisst werden, nicht mehr am Leben sind. „Aber die Chancen sie noch lebend zu finden, stehen sehr, sehr schlecht. Spürhunde haben an drei Stellen organische Spuren gefunden. Die Angehörigen wurden verständigt“, berichtete Peter Lindner, stellvertretender Bezirkshauptmann von Murau, gestern Abend mit trauriger Miene. Noch sind einige Gänge in den zwei durch die Detonation eingestürzten Gebäuden nicht durchsucht worden. Die Hoffnung will niemand aufgeben – doch sie scheint vergebens zu sein.

Alles zerstört
Der Unglücksort gleicht einem einzigen Trümmerhaufen – das so genannte Mischhaus und ein weiteres Gebäude wurden komplett dem Erdboden gleich gemacht. Verbogene Stahlträger, riesige Mauerteile, Holzstangen und Schutt liegen auf dem Boden. Wegen Explosions- und Einsturzgefahr hatte man am Dienstag die beiden zerstörten Gebäude – in denen die Vermissten vermutet werden – nicht durchsuchen können. Nach einer ersten Inspektion gab Wolfgang Heischmann, Sprengstoffsachverständiger des Innenministeriums, gestern um sechs Uhr früh Teile des Werks für eine Suche frei. Am Nachmittag schließlich machten Spürhunde den traurigen Fund.
Was sich bei der Explosion vor Ort abgespielt hat, kann sich wohl keiner vorstellen. Thomas Partl aus Mariahof, der bei dem Unglück verletzt wurde, schildert die dramatischen Momente. „Ich war im Umkleideraum, hab’ eine geraucht. Plötzlich hat’s einen Schnalzer gemacht und uns hat es alle umgehauen. Ein Türstock hat mich am Kopf getroffen. Irgendwie hab’ ich es ins Freie geschafft“, erzählt der 30-Jährige mit zitternder Stimme. Ein Pflaster prangt auf seiner Stirn. Obwohl weitere Explosionen zu befürchten waren, eilte der Arbeiter gemeinsam mit seinen Kollegen anderen zu Hilfe.
Wie es zu der Detonation gekommen ist, konnten gestern weder die Sachverständigen noch die Ermittler des Landeskriminalamtes klären. Ziemlich sicher ist nur, dass das Unglück seinen Ausgang im Mischhaus genommen hat. „Dort wird Sprengöl mit einem Gelatiniermittel zu Sprengstoff vermischt“, erklärte der zweite Sachverständige, Karl Reischl. 350 Kilogramm Dynamit werden pro Arbeitsgang hergestellt, genug, um ein 40-stöckiges Hochhaus zu sprengen. Zum Unglückszeitpunkt dürften die beiden Vermissten, Michael Sch. (28) und Michael S. (38) aus St. Lambrecht, im Mischhaus bei der Arbeit gewesen sein.
Wohin man gestern in St. Lambrecht auch kam, gab es nur ein Thema. „Es ist eine Tragödie. Hier in der Gegend ist jeder mit dem Werk aufgewachsen. Man weiß von der Gefahr, aber man lernt damit zu leben. Neben dem Leid geht jetzt die Angst um, dass sie das Werk zusperren“, befürchtet eine St. Lambrechterin.
Sicher ist vorerst einmal, dass zwei Drittel der Produktion des Werks für sechs Monate bis ein Jahr stillstehen. Laut Wolfgang Schuster von der Firma „Austin Powder“ werden die Mitarbeiter vorerst für Aufräumarbeiten eingesetzt.