Kleine Zeitung vom 10.08.2008
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Wacklige Zähne und finstere Löcher
Burgruine Steinschloss: Revitalisierung schreitet voran, Höhepunkt der diesjährigen Arbeiten ist die Entdeckung eines Verlieses. Archäologisch Spannendes aus 1150 Metern Seehöhe.

BETTINA OBERRAINER


Höchstgelegene, älteste Burgruine der
Steiermark thront über Mariahof

Mittelalterliche Wurfschleuder nachgebaut: Heinz Mlinar, Erwin Ofner

Nachwuchsarchäologin Lea säubert Ausgrabungsstücke: „Der hat nicht gründlich Zähne geputzt!“

Bernhard Peinhaupt, Pater Benedikt, Bernhard Hebert, Jasmine Wagner

Geschichtenschwerer Ferialjob: Nino aus Mariahof im Zwinger
Na, der hat sich aber nicht sehr gründlich die Zähne geputzt.“ Grinsend fischt die kleine Lea ein bräunliches Gebissteil aus der Wasserschüssel und rüttelt an einem lockeren Zahn. Säuberlich bürstet sie die filigranen Ausgrabungsteile, legt sie zum Trocknen auf. Wie den „Spinnwirtel“ – ein Schwunggewicht für eine Handspindel, wie mir ihre Mama zuvor erklärt hat.
Ihre Mama, Archäologin Jasmine Wagner. Hier zwischen Mauerkrone und Bauschutt ist sie in ihrer burschikos-professionellen Art in ihrem wissenschaftlichen Element. Steinschloss, Mariahof. Auf 1150 Meter Seehöhe, wo die Revitalisierung von Steiermarks höchstgelegener und größter Burgruine Jahr um Jahr voranschreitet. Und was anno 2000 mit der Entstrüppung begann, gipfelt heuer in einem überraschenden Fund, nicht vorhersehbar: Im Zwinger hinter dem bisher verschütteten Haupteingang wurde ein Verlies entdeckt.
„Die niedere Gerichtsbarkeit für leichtere Straftaten ist zumindest belegt“, erklärt Wagner. Also Leute zwischenlagern, Luft holen durch einen Schlitz. Ob die armen Kerle wohl mit den Wägen gekommen sind, deren Spuren sich in den frisch freigelegten Bodensteinen beim Burgeingang im Zwinger eingegraben haben?
An diesem Sommertag schreiten jedenfalls Bernhard Hebert vom Bundesdenkmalamt und Pater Benedikt Plank drüber hinweg. Archäologisch interessiert, Herr Dechant? „So weit bin ich noch lange nicht, ich fange erst bei den Urkunden an!“ Mit Spannung verfolgt auch Burgvereinsobmann Bernhard Peinhaupt die Arbeiten: „Immer wieder kommt etwas zum Vorschein. Wir sind nun mit der Sanierung und Sicherung der Mauer im mittleren Burgfried fertig, 80 Prozent der Mauerkronen sind saniert.“
Für die bisher größte Entschuttungsaktion steuert auch Nino aus Mariahof die Scheibtruhe durch das Gemäuer: ein Ferialjob, geschichtenschwer wie selten. Dass nun viel über die älteste Burgphase bekannt ist, freut die Archäologin: „Wir haben endlich den Vorgängerbau aus dem 11./12. Jahrhundert gefunden. Die älteren Mauern sind am charakteristischen Mörtel erkennbar.“

Kampf ums Budget
Steinschloss, das Vorzeigeprojekt. Dennoch muss Jahr für Jahr um das Budget gekämpft werden: 130.000 Euro inklusive Eigenleistung plus 8000 Euro für die archäologische Arbeit. Wagner: „Benötigt würde das Doppelte.“
Das Burgfest am 17. August mit Führungen und Mittelaltermusik (ab 11 Uhr) sollte erneut zum Revitalisierungsbewusstsein beitragen. Attraktion: eine mittelalterliche Wurfschleuder („Blide“), die bis zu 20 Kilogramm schwere Steine 100 Meter weit katapultiert. Vereinskassier Erwin Ofner lieferte die Idee, Allround-Denk- und Handwerker Heinz Mlinar baute das Gerät aus Holz und Schmiedeeisen nach. Auf zu weiteren Eroberungen, quasi.